Libellenschlupf
(die letzte Häutung einer Libellenlarve)
So wie man Raupen und Schmetterlinge voneinander unterscheidet, unterscheidet man auch Libellenlarven und Libellen voneinander. Die Larve ist die jugendliche Form (immature) und die Libelle ist das erwachsene Tier (Imago).
Am Anfang legt das Libellenweibchen Eier, nach einer bestimmten Zeit schlüpfen aus den Eiern winzige Prolarven. Nach wenigen Minuten häuten sich die Prolarven zum ersten mal und sind dann Larven. Die meisten Libellenlarven häuten sich innerhalb von ein bis zwei Jahren insgesamt 12 mal im Wasser und einmal über dem Wasser. Bei der letzten Häutung spricht man von dem Libellenschlupf (Emergenz). Beim Schlupf geschieht etwas außergewöhnliches, die Larve muss ihre Atmung umstellen. Bei Kleinlibellenlarven kann man das besonders gut sehen, denn sie haben am Ende des Hinterleibs drei große Kiemenblätter. Auf dem Foto kann man die drei Kiemenblätter der Larve sehen, sie funktionieren wie Kiemen bei einem Fisch. Beim Schlupf verbleiben die Kiemenblätter an der Exuvie (Häutungshemd), die Verbindung zu diesem Atmungsorgan wird für immer getrennt. Stattdessen atmen die Libellen nun durch vier Stigmen (Atemlöcher) am Körper.
So unterschiedlich die verschiedenen Libellenarten auch sind, im Prinzip ist die letzte Häutung bei allen sehr ähnlich. Es ist immer der Moment, wo die Libellenlarve zur Libelle wird...
Wenn die Libellenlarve voll entwickelt ist, klettert sie meist auf einer Pflanze nach oben aus dem Wasser. Oben angekommen, krallt sich die Larve so gut es geht fest, denn ihr Leben hängt davon ab. Nun muss alles ganz schnell gehen, die Larve drückt ihren Körper mit ihrer ganzen Kraft nach oben. Dabei durchbricht die Larve ihre alte Haut am Rücken, es entsteht eine Schlupföffnung. Wenn sie ihren Oberkörper durch diese Öffnung gebracht hat, reißen die Tracheenschläuche ab und geben damit die Stigmen (Atemlöcher) frei. Auf dem Video sieht man zwei weiße Fäden die noch an der Exuvie hängen, das sind die Tracheenschläuche.
In dieser Position verharrt die Libelle (Vierfleck) für 10 bis 15 Minuten. In dieser Zeit härten ihre noch weichen Beine aus. Anschließend ist sie in der Lage, sich mit den Beinen aus ihrer alten Haut (Exuvie) zu ziehen. Im Video unten sieht man, wie die Libelle aus ihrer alten Haut schlüpft.
In dieser Position verharrt die Libelle gut eine Stunde um ihren Körper und ihre Flügel zu entfalten und auszuhärten. Verliert die Larve beim Schlupf ihren Halt, oder fällt ihre leblose Hülle (Exuvie) ins Wasser während die Libelle an ihr hängt, wird die Libelle sterben, weil sich ihre Flügel nicht im Wasser entfalten und aushärten können. Die Libelle ist dann flugunfähig und somit ihren Feinden schutzlos ausgeliefert.
Auf dem Foto kann man gut erkennen,dass die Flügel zuerst wie Rollläden zusammen gefaltet sind. In dieser Phase wird sie ihren Körper und ihre Flügel mit Körperflüssigkeit aufpumpen und dabei die Flügel nach unten sacken lassen. Geschmeidig wie Seide hängen die Flügel dann an ihr. Auf dem Video kann man den ersten Teil vom Entfalten der Flügel im Zeitraffer sehen. Tatsächlich hat dieser Moment über fünf Minuten gedauert.
In dieser Zeit sind die Flügel besonders empfindlich. Verknicken die Flügel zu starken durch den Wind oder verkleben die Flügel miteinander, kann die Libelle oft nicht mehr fliegen. Man spricht dann von einem Schlupfunfall.
Unser Vierfleck hat alles gut überstanden und muss nur noch seinen weichen Körper aushärten lassen. Bei einem Unwetter sterben bis zu 80% der schlüpfenden Libellen. Sie fallen ins Wasser, ihre Flügel werden vom Wind geknickt oder der Regen verhindert, das ihre Flügel richtig aushärten. Nicht selten kann man Libellen mit verstümmelten Flügel sehen. Erst wenn die Libelle ihren Jungfernflug bestanden hat, hat sie eine gute Chance die kommenden 4-8 Wochen zu erleben.
Den ersten Flug im Leben einer Libelle, nennt man den Jungfernflug. Das Video zeigt den Jungfernflug von einer frisch geschlüpften Quelljungfer. Die Zweigestreifte Quelljungfer ist eine der größten Libellen in Europa. Das Aufpumpen ihrer Flügel dauert normalerweise über eine Stunde. Im Film habe ich diese Zeit auf knapp eine Minute verkürzt.